Treffpunkt und Schmuckstück
Ein Rückblick: Damals – 2008 war die ehemalige Friedhofskapelle auf dem Brasserter Kommunalfriedhof nur noch ein Haufen Schrott – ragten die Birken schon aus dem Dach heraus. Die Stadt Marl hatte bereits 27 000 Euro im Haushalt eingeplant – für den Abriss samt Entsorgung. Nur der Heimatverein erkannte damals das Kleinod in dem verfallenen Bauwerk. In Vereinen hakte man privat nach, ob sich nicht Ehrenamtler bereit erklärten, die Kapelle zu sanieren. 15 Interessierte vom Kraftwerkmeister bei der Hüls AG über Elektriker bis zum Generalisten fanden sich zusammen, gründeten die „Mauerspechte“, machten einen Deal mit der Stadt, und schufen für die 27 000 Euro mit liebevoller, aber auch harter freiwilliger Arbeit ein Schmuckstück: das heutige europäische Friedenshaus, eine Begegnungsstätte für Jung und Alt, für Kulturen und Religionen aus aller Welt, vis à vis zu alten Kriegs- und Zwangsarbeitergräbern.
Heute lebt der Ort von Familienfeiern und Ausstellungen, etwa zum Thema „Weltreligion“. Die Erlöse aus der Vermietung gehen an den Heimatverein als Träger des Hauses. Und noch immer sind Kimpel und seine Mannen gefragt, schließlich müssen die Gartenanlagen gepflegt werden und der ein oder andere handwerkliche Griff steht immer an. Da lässt sich das Preisgeld für den Heinrich-Brüggemann-Preis gut investieren, obwohl sich die Mauerspechte einig sind, einen Großteil an Hospizdienste zu spenden.
Zum elften Mal vergab die Kreis-CDU den Preis nun. Beim Start 1996 ging er, sagte ihr Vorsitzender Josef Hovenjürgen bei der Feierstunde, an die Ordensschwestern Cillona, Daniela und Stefanie, die sich in Herten vom Orden freistellen ließen und sich um Nichtsesshafte kümmerten.
„Eine Gesellschaft ohne Ehrenamt funktioniert nun mal nicht“, so Hovenjürgen, der die besondere Leistung der Mauerspechte würdigte. Warum die späte Anerkennung, das Friedenshaus wurde doch bereits 2009 eröffnet? „Der Kreis Recklinghausen ist ein Flächenkreis aus zehn Städten“, so Hovenjürgen. In jeder Stadt existierten lobenswerte ehrenamtliche Projekte, da fiele es nicht leicht, zu entscheiden. Überdies folge die Auswahl laut Anneliese Scheffler (CDU-Bürgerpreisjury) einer strengen Tradition: Es wird so lange debattiert, bis Einstimmigkeit herrscht.
Außerdem endet das Engagement der Mauerspechte nicht mit dem Friedenshaus. Kürzlich haben sie in drei Kilometer Entfernung auf einer Freifläche 102 verschiedene Sorten Apfelbäume gepflanzt und ein „Obstmuseum“ am Weiherbach gegründet. Aber das ist eine andere Geschichte. Und die soll ein anderes Mal geehrt werden.